Wie die Zeit vergeht …

Erinnerungen an Finnland

Wer diesem Blog noch folgt, der wird sich wahrscheinlich über diesen Post wundern. Mein letzter Beitrag liegt nun fast vier Jahre zurück, und damit auch mein Auslandsjahr.

Ein richtiges Fazit habe ich nie geschrieben – ich hatte es eigentlich fest vor, aber die letzten Wochen in Finnland waren sehr emotional, ich hatte noch einmal Besuch von einer sehr guten Freundin, meine Familie war zum Abschluss zum Urlaub in Finnland und ich habe lieber jeden Moment damit verbracht, die übrige Zeit zu genießen, als meinen Blog auf den neuesten Stand zu bringen.

Danach war auch viel los: Bei der Heimkehr lag meine Unizusage in der Post, dann ging es um die Suche nach einem Zimmer in der neuen Stadt und vor meinem Start ins Studentenleben standen auch noch das Nachbereitungsseminar und das Engagementkolleg von den Freunden an.

An dieser Stelle möchte ich einmal ein Lob aussprechen: Ich fand alle drei Seminare, die zum IJFD gehört haben, unglaublich toll. Das Programm war oft dicht getaktet, aber es hat wirklich Spaß gemacht und an vielen Stellen zum Nachdenken angeregt. Die Leute waren super, ich hatte viele wundervolle Gespräche mit anderen Freiwilligen, und es war total interessant, die anderen Freiwilligen nach so einem intensiven Jahr wiederzusehen. Und auch die Teamer waren wirklich großartig. Ein besonderes Highlight für mich waren auch die gemeinsamen Gesangseinlagen 🙂

Danach war das Auslandsjahr irgendwie abgeschlossen – ich war zuhause, ich habe alle Seminare besucht und den Abschlussbericht abgegeben – aber so ganz abgeschlossen war es doch nicht. Ich habe ständig an Finnland gedacht. Und so banal das klingen mag: Mir wurde schmerzlich bewusst, dass ich „nur“ eine Freiwillige in einer Reihe von vielen war, die jedes Jahr in Sylvia-koti arbeiten, während das Freiwilligendasein für mich ein Jahr lang mein Lebensmittelpunkt gewesen ist.

In den fast vier Jahren nach meiner Zeit in Sylvia-koti ist viel passiert. Vor kurzem habe ich mein Bachelorstudium abgeschlossen. Aber Sylvia-koti und Finnland bin ich verbunden geblieben: Ich war seitdem zweimal zu Besuch, habe zwei Freiwilligengruppen nach mir kennengelernt und festgestellt, dass es sich fast anfühlt, als wäre man nie weggewesen, wenn man wieder auf’s Gelände von Sylvia-koti kommt 🙂 Gleichzeitig habe ich gemerkt, dass es sich ganz anders anfühlt, wenn nicht mehr die vertraute Gruppe von Freiwilligen da ist, diese kleine „Zwangsfamilie“, wie wir sie manchmal liebevoll genannt haben, in der es auch mal gekracht hat, aber wir auch irgendwie unzertrennlich waren. Wir haben uns nach unserer Rückkehr nach Deutschland (abgesehen vom Abschlussseminar) noch dreimal als Gruppe getroffen. Eigentlich war diesen März ein treffen geplant, leider hat uns die Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich habe selber nur noch sporadisch Kontakt zu einzelnen aus der Gruppe – nicht, weil ich irgendwen nicht mag, aber so sehr uns das Auslandsjahr zusammengeschweißt hat, so geht jetzt eben jeder seinen Weg, und das ist auch okay so. Und nichtsdestotrotz war bisher jedes einzelne unserer Treffen sensationell toll. Es ist wunderschön, in gemeinsamen Erinnerungen und Anekdoten zu schwelgen, und gleichzeitig auf den neuesten Stand zu kommen, wer inzwischen welchen Weg eingeschlagen hat. Und ich hoffe wirklich sehr, dass wir das geplante Treffen trotz allem in nicht allzu ferner Zukunft nachholen können!

Und da ich in der Blogstatistik sehe, dass sich ab und zu mal jemand über Google auf meinen Blog verirrt und ich mir denke, dass eventuell der ein oder andere dabei ist, der darüber nachdenkt, sein Auslandsjahr in Sylvia-koti zu machen oder sogar schon eine Zusage hat und nach Erfahrungen früherer Freiwilliger sucht, schreibe ich jetzt doch noch ein kurzes Fazit. Und wer mag, darf mir auch gerne Fragen schicken, ich freue mich 🙂

Meine Zeit in Finnland war unglaublich intensiv und prägend, ich glaube, ich habe nie zuvor und nie danach innerhalb eines Jahres so viele Erfahrungen gesammelt und so viel gelernt, auch über mich selbst. Die Arbeit war zum Teil herausfordernd, nicht zuletzt aufgrund der Sprachbarriere, aber wie man so schön sagt, man wächst an seinen Aufgaben. Ich war sehr glücklich mit „meiner“ Hausgemeinschaft und „meinen“ Jugendlichen, und auch mit den Mitarbeitern habe ich mich gut verstanden. Ich muss dazusagen, die Aufgaben als Freiwilliger unterscheiden sich natürlich etwas, je nachdem, in welcher Hausgemeinschaft man arbeitet oder ob man in der Schule oder der Tagesbetreuung mithilft. In meinem Haus war ich zufrieden, auch wenn es Phasen gab, in denen ich mich gelangweilt habe, weil ich fast nur gekocht und Wäsche gewaschen habe. Aber genauso gab es Zeiten, in denen mich die Arbeit total erfüllt hat. So ein Freiwilligendienst besteht aus Hochs und Tiefs, und genau daran kann man auch wachsen. Mir hat es dabei sehr geholfen, dass wir eine ganze Gruppe von Freiwilligen waren. Natürlich gab’s auch da mal Spannungen, gerade in Sachen Ordnung und Sauberkeit gab es die ein oder andere Differenz 😉 Aber im großen und ganzen waren wir ein tolles Team, und gerade unsere Unterschiede haben uns zusammengeschweißt und uns zu so einer tollen Gruppe gemacht, ohne die das Jahr nur halb so schön gewesen wäre. Wir haben so viel zusammen erlebt, wir haben unglaublich viele schöne Erinnerungen geschaffen und gleichzeitig waren wir auch bei Sorgen, Problemen und Durchhängern immer füreinander da. Was soll ich sagen, ich würde behaupten, ich habe mich durch den Freiwilligendienst ein großes Stück weiterentwickelt, meiner Meinung nach nur zum Positiven 😉 , und die Erinnerungen an diese Zeit bleiben immer in meinem Herzen ♥

Und zu guter Letzt, die Antwort auf die meist gestellte Frage – Ich beherrsche Finnisch nur auf Anfängerniveau, und vier Jahre sind leider genug, um wieder so einiges zu verlernen 😉